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Dr. Ludwig Lewin

„(…) Dr. Ludwig Lewin, dem bedeutenden Mittler zwischen Wissenschaft und Bildung, dem es in den Jahren zwischen 1914 und 1933 gelungen ist, die Berliner Lessing Hochschule zu einem geistigen Mittelpunkt Berlins zu entwickeln, der in ihrem Kreis sowohl großen Gelehrten Berlins und der gesamten deutschsprachigen Welt wie führenden Politikern seiner Zeit ein Forum öffentlicher Wirkung gegeben hat; der durch die Verbindung von wissenschaftlicher Lehre, politischer Reflexion und künstlerischer Realisierung in einer Institution das geistige Leben der zwanziger Jahre zugleich dargestellt und verantwortlich mitgestaltet hat; der nach der Vertreibung und nach Jahren neuer Arbeit in einem ärztlichen Beruf nach Berlin zurückgekehrt ist und noch im hohem Alter sein früheres Werk erneuert hat.“

Die Philosophische Fakultät der Freien Universität Berlin in der Laudatio zur Verleihung der Ehrendoktorwürde im Jahr 1967

Ludwig Lewin wurde in der elterlichen Wohnung in der Mendelssohnstraße 10 (heute in etwa Nr. 5[1]) in der Königsstadt geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Simon Lewin und die Regina geb. Lowinsky. Die Familie war jüdischer Konfession[2]. Er besuchte zunächst das Friedrich-Werdersche Gymnasium in Berlin und legte 1907 seine Reifeprüfung am Berliner Sophien-Gymnasium ab. Ab 1909 studierte er in Berlin Deutsche Philologie, Philosophie und Ästhetik, Literaturgeschichte und Psychologie; 1911 wechselte er nach Würzburg, wo er 1913 mit seiner Dissertation Friedrich Hebbel. Beitrag zu einem Psychogramm promoviert wurde.

Von 1914 bis 1933 war er Rektor der Berliner Lessing-Hochschule, die er in dieser Zeit zu einem geistigen Mittelpunkt Berlins entwickeln konnte. Nach seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten[3] praktizierte er als Psychotherapeut zunächst in Stockholm und arbeitete in den Jahren 1935/36 bei Carl Gustav Jung in Zürich. 1938 emigrierte er in die USA, wo er von 1943 bis 1956 Direktor einer psychiatrischen Klinik auf Long Island war.

1964 kehrte er nach Deutschland zurück und war bis zu seinem Tode wieder Rektor der Lessing-Hochschule. Als hervorragender Mittler zwischen Wissenschaft und Bildung konnte er auch in hohem Alter an seine früheren Erfolge anknüpfen, die Bedeutung der Lessing-Hochschule als Berliner Bildungsstätte erneuern und damit auch Berlins Ansehen als Wissenschaftsstandort vergrößern. 1967 verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Freien Universität Berlin die Ehrendoktorwürde.[4]

Ludwig Lewin war mit Lola Leontine Lewin geb. Heller (geb. in Warschau) verheiratet; der Ehe entstammte der Sohn Benvenuto (Ben).

Zum Freundeskreis Lewins zählten u. a. Paul Bjerre, Max Burghardt, Tilla Durieux, Friedrich Ebert, Artur Kutscher, Max Raphael und Edwin Redslob.

Der Maler Eugene Spiro mit dem Abbilds schuf 1961 ein Gemälde Lewins.

Ludwig Lewin starb zwei Tage vor seinem 80. Geburtstag in Berlin und wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem beigesetzt. Das Grab ist nicht erhalten.[5]


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  1. Histomap. Vergleiche Plan von 1910 mit heutigem Plan. Abgerufen am 21. Mai 2021.
  2. Geburtsregister Nr. 2392/1887, StA Berlin VIII
  3. Wo Einstein und Mann lehrten: Die 100-jährige Lessing-Hochschule knüpft an große Zeiten an Das Berliner Volks-Harvard in: Berliner-Zeitung vom 27. März 2002
  4. Begründung für die Vergabe der Ehrenpromotion an Dr. phil. Ludwig Lewin, auf geisteswissenschaften.fu-berlin.de, abgerufen am 26. August 2016
  5. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 584.

Albert Einstein

schrieb unter dem 22. Juli 1928: „Ich versage mich auch sonst nicht, wenn es sich darum handelt, für Bildungseinrichtungen einzutreten, aber gerade der Lessing Hochschule gegenüber, deren Wirksamkeit mir seit langem bekannt ist, möchte ich besonders ausdrücken, für wie wertvoll und im höchsten Sinne gemeinnützig ich diese Einrichtung halte. Die Existenz der Lessing Hoch schule ist nach meiner Überzeugung schon darum von hoher Wichtigkeit, weil bei uns entschieden zu wenig getan wird, um die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung auch den nicht im Fach Stehenden zugänglich zu machen. Die Lessing Hochschule hat dieser Aufgabe seit vielen Jahren mit hohem Verantwortungsgefühl gedient, wie ja durch ihre Stellung im Bildungsleben und in der Öffentlichkeit allgemein anerkannt ist, und es erscheint mir als eine selbstverständliche Pflicht der Allgemeinheit, die Entwicklung dieses Institutes zu sichern und zu fördern.“

Willy Brandt

„Wir wissen alle, dass sich aus der zunehmenden Lebenserwartung neue gesellschaftliche Notwendigkeiten ergeben. Wir wissen außer dem, dass uns die Altersstruktur hier in Berlin vor besondere Aufgaben stellt (…). Berlin wird wieder etwas reicher dadurch, dass es diese Bildungshochschule wieder gibt.“

Willy Brandt bei der Neugründung der Lessing Hochschule am 26. Februar 1965

Hellmut Becker

„Deutschland ist nicht arm an bedeutenden Wissenschaftlern gewesen, aber es hat nicht sehr viele Persönlichkeiten besessen, die die Verbreitung von Wissenschaft auf qualitativ hohem Niveau so sehr zu ihrem Lebensziel gemacht haben wie Ludwig Lewin. Dieser hochgebildete Mann hat dieses Werk in Gemeinschaft mit seiner polnischen Frau Lola, geborene Heller, vollbracht, die trotz aller tragischen Erfahrungen auch den Rückweg nach Berlin wieder mit ihm gegangen ist. Noch einmal gelang es diesen beiden Menschen, das geistige Berlin für die Vermittlung von Wissenschaft und Kunst an breitere Schichten zu interessieren.“

Hellmut Becker, Direktor des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung, im  Nachruf auf Dr. Dr.h.c. Lewin aus dem November 1967

Der wahre Zweck des Menschen – nicht der, welchen die wechselnde Neigung, sondern welchen die ewig unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt – ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen

Wilhelm von Humboldt
( 1767 – 1835 )

Ansprache an die Zukunft

Unserem Bildungswesen fehlen in der Tat Einrichtungen auf Universitätsniveau, die ,,unabhängig von Hochschulen“ oder wenn doch ,,nur in losem Verbande mit diesen“, eine ganzheitlich, synthetische Bildung anstreben und ein dialogisches und interaktives wissenschaftliches Studium jenseits von Fächergrenzen anbieten und pflegen.

 

Ein solches, die Vielfalt, Dezentralität und Humanität des Denkens und Handelns erst ermöglichendes Bildungsangebot ist um so wichtiger, je einseitiger Produktion und Verwertung von möglichst patentierbaren Wissensgütern in der Entwicklung des allgemeinen Hochschulwesens betont und belohnt werden.

 

Unser Bildungswesen selbst muß dringend auf den Prüfstand öffentlicher Diskurse. Bildung ist kein privates Gut. Sie wird es auch dadurch nicht, wenn sie privat finanziert und organisiert wird. Das Schicksal des Bildungswesens betrifft uns Alle.

 

Die Lessing Hochschule versteht sich als ein öffentliches Forum, das mehr und mehr von der privaten Initiative wacher, verantwortungsbewusster und höchstgebildeter Bürgerinnen und Bürger getragen wird, die das Ihre dazutun, den Druck der Öffentlichkeit groß genug werden zu lassen, um auch die Politik beim Umsteuern im Bildungswesen angemessen ,,einzubeziehen“.

 

Prof. Dr. Bernd Guggenberger

Rektor der Lessing Hochschule zu Berlin.

Credo der Lessing Hochschule zu Berlin

Gemeinsames Lernen — genauer formuliert: gemeinsames lebenslanges Lernen — in komplexen wissenschaftlichen und moralischen Fragen, ist das Gebot der Stunde. Dieser Thematik fühlt sich die Lessing Hochschule zu Berlin verpflichtet. Sie ist ein ganz besonderer Ort für ein solches gemeinsames Lernen, ein Ort der höchsten Bildung, will sagen: ein Ort des gemeinsamen und unabhängigen, wissenschaftlich gestützten und ethisch reflektierenden Lernens angesichts komplexer Herausforderungen in Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

 

In der Lessing Hochschule sollen sich vor allem jene engagierten Persönlichkeiten begegnen, die sich in besonderer Weise um das Wohl und Wehe des Gemeinwesens sorgen und die wissen, dass ihre eigene Entwicklung und ihre Erfolge sowie die Entwicklung und Erfolge des Gemeinwesens in Kreislaufprozessen langfristig miteinander verbunden sind, die sich im überschaubaren kommunalen Umfeld ebenso beratend und meinungsbildend einsetzen, wie sie sich — über geeignete Medien — in über- und internationale Reformdiskussionen einschalten, die sich persönlich vor allem für Reformen und Weiterentwicklungen in Kultur, Wirtschaft und Politik einsetzen (möchten).  Persönlichkeiten, die bereit sind, sogar eigene Ressourcen, Zeit und Geld bereitzustellen, wenn sie eine geeignete Plattform, wie die Lessing Hochschule  sie bietet, finden, um den öffentlichen Dialog beispielsweise über das Gesundheitssystem, das Bildungssystem oder den Arbeitsmarkt so stark mitzubeeinflussen, dass sich die einsichtigen und reformwilligen Politiker getrauen Althergebrachtes gegen Reformbeschlüsse zu verwerfen und dabei mit Mehrheiten in den Parlamenten rechnen können.

 

Den starken, die politische Meinungsbildung dominierenden Interessengruppen fehlen auch heute noch die in ihrer Wirkung auf die Politik gleich starken oder noch stärkeren breiten öffentlichen Diskurse, in die sie sich mit ihren Argumenten hineinzubegeben haben. Erst die kritischen und kreativen Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern von legitimen Partikularinteressen einerseits und den in anspruchsvollen öffentlichen Meinungsbildungsprozessen zum Ausdruck kommenden Haltungen und Zielvorstellungen des Gemeinwesens andererseits, lassen hoffen, dass tragfähige Konsensbildungen in der Bewältigung auch sehr komplexer Fragen, wie bei den beispielhaft genannten Aspekten, in Zukunft möglich und immer wahrscheinlicher werden.

 

Unsere Zukunft — im lokalen, regionalen und globalen Kontext — wird wesentlich davon abhängen, dass sich Plattformen und Foren, wie sie die Lessing Hochschule seit 1901 anbietet, für intelligente und glaubwürdige öffentliche Diskurse bilden können.

 

Prof. Dr. Bernd Guggenberger

Rektor der Lessing Hochschule zu Berlin

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